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das Jahr neigt sich dem Ende zu, die Uhren sind umgestellt, die Blätter fallen von den Bäumen – und bloq#4 ist immer noch nicht da. Auf die Gründe dafür wollen wir hier gar nicht näher eingehen, nur so viel: Es gab einige Hindernisse in letzter Zeit, die wir überwinden mussten. Doch wir sind nun zuversichtlich, dass wir die Ausgabe noch in diesem Jahr herausbringen.
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Aber bloq e.V. macht nicht nur Journalismus, sondern engagiert sich auch für Medienbildung. Seit diesem Monat begleiten wir am Mannheimer Moll-Gymnasium den Seminarkurs „Moll/Cross/Media“ und zeigen den Schüler*innen, wie sie Informationen finden und bewerten, sich ihre eigene Meinung bilden und diese journalistisch aufbereiten. Vielleicht ja auch in Form einer neuen Schulzeitung – wir sind gespannt!
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In diesem Newsletter machen wir in den Partymeilen von Mannheim und Heidelberg Station und verraten euch, wie viele Orte in Rheinland-Pfalz nach der Kommunalwahl noch immer ohne Bürgermeister*in dastehen.
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„Die Stadt wollte die Gastronomie aus dem
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Nach fast drei Jahrzehnten als Betreiber des Blau hat Ingo Zielske im Oktober die Jungbusch-Kneipe an seine Nachfolger übergeben. Im Interview erzählt er, wie alles begann, wie die Stadt den Jungbusch eigentlich entwickeln wollte und was dann wirklich aus dem Quartier geworden ist.
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Ingo, als du mit zwei Mitstreiter*innen das Blau 1995 eröffnet hast, hättest du gedacht, dass du fast 30 Jahre lang hinter der Theke stehen wirst?
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Nein, ganz bestimmt nicht. Wir hatten damals einfach Bock, eine Kneipe aufzumachen und die Gelegenheit war günstig. Über die nächsten 30 Jahre haben wir uns sicher keine Gedanken gemacht. Wir haben zunächst auch nur einen Mietvertrag über ein Jahr abgeschlossen, der sich jeweils zu einem Stichtag um ein weiteres verlängert hat. Das haben wir fast 20 Jahre lang so gehandhabt, bis das Haus verkauft wurde. Dann war dieser Mietvertrag leider ein Nachteil.
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Weil die neuen Eigentümer – das Haus wurde von Hildebrandt und Hees gekauft – mir gleich einen neuen Mietvertrag vorgelegt haben – allerdings mit einer um 80 Prozent höheren Miete. Da der alte Mietvertrag zum Jahresende auslief, hatte ich nur die Wahl, zu unterschreiben oder zuzumachen.
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Und die extrem gestiegene Miete konntet ihr bezahlen?
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Wir haben natürlich die Preise ein bisschen erhöhen müssen, hatten aber auch Glück. Denn zum einen fiel das zeitlich mit der Ausweitung der Sperrstunde zusammen, zum anderen hat sich der Jungbusch damals gerade rasant zur Ausgehmeile entwickelt. Davon haben auch wir umsatzmäßig profitiert.
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Wie hast du als Kneipenbetreiber die Entwicklung des Jungbusch erlebt?
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Als wir angefangen haben, waren die damaligen Vermieter froh, dass jemand überhaupt eine Kneipe aufmacht. Die Hausbesitzer hatten auch einen Spielautomaten-Betrieb und wollten unbedingt, dass wir auch Automaten aufstellen. Wir haben das abgelehnt und trotzdem den Vertrag bekommen. Aus heutiger Sicht interessant war, dass die Stadt damals vorhatte, den Jungbusch mit seinen vielen Gründerzeitbauten als gediegenes Wohnviertel zu entwickeln, und die Gastronomie so weit wie möglich aus dem Viertel raushaben wollte. Dazu muss man wissen, dass der Jungbusch bis in die 1970er-Jahre ein typisches Arbeiterviertel war. Es gab damals noch mehr Kneipen als heute, in denen die Hafenarbeiter und die Matrosen unterwegs waren. Da ging‘s ganz schön ab und es hat auch oft geknallt. Ab den 1970ern kam dann der Niedergang, bis nur noch Rotlicht-Bars und andere Schmuddelgastronomie übrigbleiben. In den späten 1980ern und 1990ern hat dann die Subkulturszene das Viertel entdeckt. Doch das war nicht wie heute. Außer uns gab es damals höchstens noch vier oder fünf andere Locations.
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Wann hast du zum ersten Mal gemerkt, dass sich wieder etwas ändert?
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Das war beim dritten oder vierten Nachtwandel, als das Viertel plötzlich voll mit Menschen war, und als die Onkel-Otto-Bar wieder eröffnet hat. Das war so Mitte der Nullerjahre. Danach ging alles sehr schnell. Als dann nach der Finanzkrise die Niedrigzinszeit begann, haben sich die Investoren auf das Viertel gestürzt. Hildebrandt & Hees waren da groß mit dabei, haben aber immer nur Häuser mit Gastronomie gekauft, weil sie die mitgestalten wollten. Gleichzeitig wurde der Jungbusch auch überregional bekannt und die Leute sind in großen Trupps aus dem Odenwald, aus der Pfalz hierhergekommen. Der Höhepunkt war kurz vor der Pandemie. Da kamen dann auch Partyleute, die mit der Stretched Limo durchs Viertel gebraust sind und Junggesellenabschiede gefeiert haben. Und auch wenn das Blau für diese Leute nicht die erste Anlaufstation war, hat uns dieser Boom schon geholfen. Das Niveau wie vor Corona haben wir aber bis heute nicht wieder erreicht.
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Wohnen heute auch andere Menschen hier?
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Einerseits ja. Es gibt hier inzwischen teure Wohnungen, die es früher nicht gab, und auch die Mieten sind natürlich gestiegen. Andererseits ist der Jungbusch nach meiner Wahrnehmung immer noch ein Ankunftsviertel, in dem viele Migrant*innen wohnen – und das ist auch gut so. Wer viel Geld hat, wird nicht in die Jungbuschstraße oder in die Beilstraße ziehen, wo jeden Tag bis spätabends und am Wochenende auch bis frühmorgens Party ist.
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Z A H L D E S M O N A T S
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80
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Auch fünf Monate nach der Kommunalwahl haben 80 Orte in Rheinland-Pfalz noch immer keine*n Bürgermeister*in. Wie der SWR recherchiert hat, haben vor allem Gemeinden in den Regionen Koblenz und Trier Probleme, Menschen zu finden, die das Amt übernehmen wollen. Aber auch Quirnheim bei Bad Dürkheim steht bisher ohne Bürgermeister*in da. Noch leitet der bisherige Gemeindechef Hubert Deubert kommissarisch das Amt, aber höchstens noch bis Ende des Jahres. Finden sich bis dahin niemand, bestimmt die Kreisverwaltung einen (oft ortsfremden) Beauftragten. Eine Notlösung, die viele Gemeinden unbedingt vermeiden wollen, aber immer häufiger nicht mehr können. Denn das Amt ist in Rheinland-Pfalz nach wie vor ein Ehrenamt. Allerdings eines, das viel Verantwortung und immer häufiger persönliche Anfeindungen mit sich bringt und schnell mal 20 bis 30 Stunden in den Woche verschlingt, wie wir bei unseren Recherchen für bloq #2 herausgefunden haben. Und das wollen sich immer weniger Menschen antun: Bei der Kommunalwahl am 9. Juni trat in 523 der 2260 Ortsgemeinden in Rheinland-Pfalz niemand zur Wahl an – in fast jeder vierten Gemeinde.
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Schon wieder: Die Heidelberger Altstadt vor Gericht
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Heute hat der Verwaltungsgerichtshof Mannheim sein Urteil im Streit um den Partylärm in der Heidelberger Altstadt gesprochen. Die Begründung steht noch aus. Tobias Breier ist jedoch ohnehin davon überzeugt, dass dieses Urteil den Streit nicht löst.
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Macht zwar eher wenig Lärm, ist aber trotzdem nervig: Urinieren in der Altstadt
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Eigentlich hat dieses Thema in einem Newsletter nichts zu suchen. Denn eine Neuigkeit wäre die Meldung, dass es endlich einen Plan gibt.
Warum der Streit so alt ist wie die Altstadt selbst, habe ich in bloq #1 ausführlich beleuchtet. Die romantische Kulisse ist eben nicht nur für Menschen interessant, die schön wohnen möchten. Vielen reicht ein Abend, und mit denen verdient die Gastronomie ihr Geld. Am meisten Geld verdient man mit Alkohol, aber der macht betrunken und laut.
Seit 20 Jahren läuft der Streit nach dem gleichen Muster ab: Die Stadt verhängt Sperrzeiten, die von allen Seiten als Pfusch bezeichnet werden. Jemand beauftragt ein neues Gutachten und klagt, der Fall klettert durch die Instanzen. Nach dem angeblich endgültigen Urteil geht das Spiel von vorne los.
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Was diese Woche in Mannheim genau verhandelt wurde, entzieht sich meiner Kenntnis – und meinem Interesse. Das Urteil wird das Problem nicht lösen und es wird nicht auf Dauer Bestand haben. Vor allem aber wird es noch weniger Verständnis, noch weniger Rücksichtnahme geben. Und weiterhin keine Strategie, wie die Altstadt entwickelt werden kann.
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Statt über Uhrzeiten zu streiten, muss endlich ein qualitativer Diskurs geführt werden: Wie soll die Altstadt in Zukunft aussehen? Wie kann das Zusammenleben dort harmonischer gelingen? Wie können wir die aktuelle Vollsuff-Monokultur auflockern und gastronomische Konzepte fördern, die zu einer Diversifizierung des Publikums beitragen?
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Die Stadt Heidelberg war stets bemüht, den Konflikt moderierend zu begleiten. Doch ohne eine positive Vision wird man damit auch in den kommenden Jahrzehnten krachend scheitern. Dafür wünsche ich der Verwaltung gutes Sitzfleisch, den Feiernden ein Prosit der Gemütlichkeit, der Gastronomie den nächsten Rekordumsatz und der Wohnbevölkerung gute Nacht!
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