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Liebe bloq-Leser*innen,

die Ereignisse der letzten Tage haben auch uns sehr erschüttert. Zur Tagesordnung überzugehen, ist nicht so einfach. Immerhin haben am Montag 8.000 Menschen bei der Kundgebung "Mannheim hält zusammen" ein deutliches Zeichen gegen Hass gesetzt.

Inzwischen geht die Arbeit an bloq #4 weiter und das Thema für das nächste Heft steht nun auch fest: oben/unten. Wir sind fleißig am Diskutieren, Recherchieren und hoffentlich auch bald am Schreiben. Denn im September, so die Planung, sollt ihr es in den Händen halten: bloq #4.

Wir sind also gut beschäftigt über den Sommer, scheuen aber trotzdem keine Mühen, um bloq bekannter zu machen und mit euch persönlich ins Gespräch zu kommen. So sind wir am 21. Juli beim Sommerfest des Mannheimer Kunstvereins. Kommt vorbei, wir freuen uns! Und wer da keine Zeit hat, kann bloq auch bei zwei neuen Verkaufsstellen erstehen, die uns ins Programm aufgenommen haben: Bei der Buchhandlung Lehmann am Uniplatz in Heidelberg und der Buchhandlung Waldkirch in Mannheim-Feudenheim.

Sommerlich starten wir auch in den Newsletter – mit einem Interview der Heidelberger Bella-Park-Aktivist*innen, der (vermeintlichen) Sommerplage Asiatische Tigermücke und der Frage, warum die Mannheimer Fahrradbeauftragte ihren Job ehrenamtlich erledigen muss.

Nicht vergessen! Am nächsten Sonntag sind Kommunalwahlen. Ziemlich kompliziert das Ganze. Wenn ihr euch nochmal informieren wollt, wie das so geht, haben unsere Kolleg*innen aus der inklusiven Redaktion von "Einfach Heidelberg" einen Erklärfilm, ein Infoplakat und ausführliche Informationen zur Kommunalwahl in Leichter Sprache erstellt, die ihr hier findet.
I N T E R V I E W
„Wir wollen einbeziehen, nicht ausgrenzen“
Tatort, Kriminalitäts-Hotspot, No-Go-Arena: Die Kurfürstenanlage in Heidelberg hat in den vergangenen Jahren für zahlreiche Schlagzeilen gesorgt. Selten waren es positive. Die Künstler*innen vom Verein gegen Müdigkeit wollen das ändern. Der 2021 gegründete Verein will Menschen zusammen und ins Gespräch bringen – gerade auch an solchen Orten. Aus der vernachlässigten Grünfläche soll Bella Park werden, ein Ort der Begegnung. Jasper Schmidt und Shooresh Fezoni erzählen, wie sie die Kurfürstenanlage mit ihrer Arbeit beleben und aufwerten wollen, ohne die bisherigen Nutzer*innen zu verdrängen. Darunter Obdachlose, Menschen mit psychischen Erkrankungen und Suchtproblemen, Geflüchtete und viele andere, denen es an Anschlüssen fehlt, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.
Ein launischer Tag Ende April. Der Verein hat auf einer der Grünflächen zwischen Hauptbahnhof und Altstadt einen Kiosk und eine Tischtennisplatte aufgebaut. Es gibt alkoholfreie Getränke, warme Suppe und Musik, die gute Laune macht. Obwohl es immer wieder nieselt, sitzen auf den Bierbänken und Stühlen rund um den Kiosk Menschen in kleinen Grüppchen. Die Tischtennisplatte ist ständig belegt.

Ich muss zugeben, ich war noch nie hier. Also direkt in der Kurfürstenanlage. …
Schmidt: So geht es selbst Menschen, die hier in Heidelberg geboren sind. Die meisten laufen außen herum oder fahren mit der Straßenbahn vorbei. Aufhalten tun sich hier eigentlich nur diejenigen, die sonst keinen Ort haben, um sich zu treffen.
Fezoni: Ja, die aus der Altstadt vertrieben wurden, weil sie das Bild in diesem Freilichtmuseum stören.

Und wo gehen diese Menschen hin, wenn ihr hier Bella Park etabliert?
Fezoni: Sie bleiben! Genau hier (er zeigt auf eine Gruppe, die einige Stühle im Kreis zusammengestellt hat) und da (er zeigt auf zwei Männer, die gerade Tischtennis spielen).
Schmidt: Das ist genau unser Ziel: Wir wollen einbeziehen, nicht ausgrenzen. Normalerweise trifft sich diese Gruppe vorne am Brunnen. Sobald wir hier den Kiosk aufbauen, kommen sie her.

Polizeieinsätze sind in der Kurfürstenanlage keine Seltenheit. Kann so ein Miteinander wirklich auf Dauer funktionieren?
Schmidt: Wir zeigen ja, dass es geht. Wenn wir da sind, ruft hier niemand die Polizei. Mittlerweile haben wir sogar Unterstützer im Ordnungsamt. Das hätten wir vorher auch nicht gedacht.

Wurdet ihr hier von Anfang an willkommen geheißen?
Fezoni: Nein, da war natürlich eine große Skepsis – und auch Angst. Das ist ja wie eine Art Wohnzimmer für die Menschen. Einer der wenigen Orte, wo sie noch sein dürfen. Bevor wir hier unsere erste Aktion, eine Radiosendung, gemacht haben, habe ich das Gespräch gesucht. Ich habe erzählt, was wir vorhaben und gefragt, ob das in Ordnung ist. Und das nicht nur an einem Tag, sondern an vielen. Und irgendwann haben sie gemerkt, dass uns das wirklich wichtig ist – dass sie damit einverstanden sind, was wir hier tun.
Schmidt: Und wir haben klar gemacht, dass wir keine Sozialarbeiter*innen sind. Dass es uns nicht darum geht, sie zu ändern. Es gibt nur eine klare Regel: Wir begegnen uns mit Respekt und in einem Umkreis von 50 Meter um den Kiosk darf niemand harten Alkohol trinken.

Und daran halten sich alle?
Schmidt: Ja – und sie kommen trotzdem. Sonst können sie nicht Tischtennis spielen, sich nicht mit den anderen unterhalten. Wir geben ihnen Gründe, nicht zu trinken. Sie sagen uns mittlerweile auch, wie gut sie es finden, dass wir hier sind.
Fezoni: (zeigt auf einen der Tischtennisspieler) Jürgen zum Beispiel. Der hat letztens Arbeitsstunden bei uns abgeleistet. Die hat er zwar längst erfüllt, aber er packt immer noch jedes Mal mit an, hilft beim Auf- und Abbau.

Wie geht es weiter, was sind eure Pläne für Bella Park?
Schmidt: In fünf Jahren ist die Kurfürstenanlage kein Transitort mehr. Keine Grünfläche mehr, sondern ein richtiger Park, ein Tor zur Innenstadt. An dem Veranstaltungen stattfinden, Radio gemacht, Tischtennis oder Schach gespielt wird.
Fezoni: Einfach ein Ort, an dem sich alle treffen. Ankommende, Einheimische, Obdachlose, Nachbar*innen, geflüchtete Menschen. Und im besten Fall braucht es uns dann gar nicht mehr, weil Bella Park ein Selbstläufer ist.

Und was braucht es dafür, dass diese Vision wahr wird?
Fezoni: Eine Stadt, die mutig ist. Die einfach mal macht oder zumindest machen lässt und nicht nur redet. Einfach machen – das ist doch das beste Mittel gegen Müdigkeit.

Bella Park ist lange nicht das einzige Projekt des Vereins gegen Müdigkeit, mehr über seine Aktivitäten gibt es auf: gegenmuedigkeit.org


Fotos: Sarah Weik (Porträt); Shooresh Fezoni (Bella Park)
Z A H L D E S M O N A T S

Null …

… Infektionen durch eine Asiatische Tigermücke gab es bisher in der Rhein-Neckar-Region – und übrigens in ganz Deutschland. Das kann bei der oft aufgeregten Berichterstattung über das „gefährlichste Tier der Welt“ schnell untergehen. Harmlos ist die Stechmücke, die ursprünglich aus Südostasien kommt, deshalb natürlich nicht. Sie kann eine ganze Reihe von Krankheiten übertragen – darunter etwa Dengue- und West-Nil-Fieber, die zwar in den meisten Fällen mild verlaufen, sehr selten aber auch tödlich enden können. Noch konnten sich die meisten dieser Viren in Deutschland nicht etablieren – einer der Hauptgründe, warum es hier bislang nicht zu Infektionen durch eine Tigermücke kam. Eine erste Ausnahme scheint das West-Nil-Virus zu sein, das allerdings auch von heimischen Stechmücken übertragen wird.

Die Tigermücke hingegen ist längst dabei, sich einzunisten. Im Rhein-Neckar-Kreis wurde sie mittlerweile in zehn Kommunen nachgewiesen. In Weinheim gilt sie als etabliert. Auch in Heidelberg, Mannheim und Ludwigshafen wurde sie gesichtet. Und sie ist bei Weitem nicht die einzige Art, die sich aufgrund des Klimawandels in der Rhein-Neckar-Region festsetzt: Die Kirschessigfliege, die ebenfalls aus Südostasien kommt, bereitet Winzerinnen in der Pfalz und Obstbauern an der Bergstraße Kopfzerbrechen. Nordamerikanische Ochsenfrösche besiedeln Seen in der Südpfalz, gefährden heimische Amphibien und werden deshalb gejagt. Und die Kermesbeere droht ganze Waldstücke zu überwuchern, weshalb Freiwillige die Pflanze in Sandhausen von Hand ausbuddeln und verbrennen.

Auch die Tigermücke wird in einer Art Kleinkrieg bekämpft: Mitarbeiter*innen der KABS (kurz für: Kommunale Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage), die auch die Schnaken am Rhein im Zaum halten soll, gehen in betroffenen Gebieten von Tür zu Tür, schauen unter jeden Blumentopf und verteilen ein Mittel, das die Larven der Mücke tötet. Aber können wir die Tigermücke so wirklich loswerden? Oder sollten wir besser lernen, mit ihr zu leben? Und brauchen wir manche eingewanderte Arten vielleicht sogar, um mit der Klimakrise umzugehen? Für bloq #4 machen wir uns auf die Suche nach Antworten!

Foto: iStock
K O M M E N T A R

Es lebe das Ehrenamt!

Mannheim hat nun eine Fahrradbeauftragte. Daniel Grieshaber hat Respekt vor dem Engagement von Gabriele Fröhlich, fragt sich aber, ob das wirklich eine ehrenamtliche Aufgabe sein sollte.
Gute Nachrichten aus dem Mannheimer Rathaus. Die Stadt ist auf der Suche nache einer/einem ehrenamtlichen Fahrradbeauftragten fündig geworden. Gabriele Fröhlich heißt die Dame und ihr gebührt auch aufrichtiger Respekt dafür, dass sie diese Herausforderung angenommen hat. Denn die Aufgaben, die in der Stellenausschreibung aufgeführt waren, haben es in sich: Die Fahrradbeauftragte soll „als zentrale Ansprechperson für alle Bürgerinnen und Bürger sowie für Verbände und Initiativen im Radverkehr“ zur Verfügung stehen, die „Kommunikation allgemeiner Radverkehrsthemen“ übernehmen, „um so die Verwaltung dabei zu unterstützen, die Verkehrswende in Mannheim voranzutreiben und die Klimaziele der Stadt zu erreichen.“ Mit anderen Worten: Ein paar Mails von Wutbürger*innen beantworten, ein bisschen übers Radfahren reden und die Klimaziele erreichen – echt jetzt, das kann man ja auch gut mal nebenher machen. Das ist offenbar die Denke in der Stadtverwaltung und es zeigt, einmal mehr, welchen Stellenwert der Radverkehr in Mannheim genießt. Insofern kann man nur sagen: Danke, liebe Frau Fröhlich, dass Sie sich unentgeltlich engagieren, und danke, Stadt Mannheim, jetzt wissen wir, wie ernst ihr es wirklich meint mit der Verkehrswende!

Foto: Stadt Mannheim

Apropos gemeinnützig:

Als eingetragener Verein können wir Spendenquittungen ausstellen. Wer uns also über einen Heftkauf hinaus unterstützen möchte, kann gerne spenden!
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