|
|
|
|
derzeit sind unsere Autor*innen überall in der Region unterwegs, denn zum Herbstanfang soll es fertig sein: bloq #4. Und da wir uns nun intensiv mit dem Thema “oben/unten” beschäftigt haben, sind wir uns völlig sicher: Mittelmaß ist auch nicht schlecht und deshalb erwartet Euch eine absolut mittelmäßige Ausgabe!
|
Nicht mittelmäßig, sondern eher top ist der Verkauf der letzten Ausgabe gelaufen. Wir haben nur noch einen Karton voll Hefte. Wer also noch keines hat, sollte schnell zuschlagen. Gelegenheit dazu und zum persönlichen Gespräch mit uns gibt es beim Sommerfest des Mannheimer Kunstvereins am 21. Juli. Danach ist Sommerpause (die wir für die letzten Arbeiten an der neuen Ausgabe nutzen), bevor es dann im Herbst mit neuem Heft und neuem Schwung weitergeht.
|
Im Oktober sind wir wieder im Haus Hurra! mit unserem bloq-up-Store präsent und – darauf freuen wir uns ganz besonders – am 12. Oktober steigt die große bloq-Party in der Alten Feuerwache in Mannheim, die das Kulturzentrum für uns und zugunsten von uns ausrichtet.
|
In diesem Newsletter berichten wir über das fragwürdige Lokalportal “unserHD”, die neuesten, wenig erfreulichen Entwicklungen rund um das ALTER in Mannheim und das Rollerderby-Team der Delta Quads verabschiedet sich ein letztes Mal vom guten alten Eisstadion am Friedrichspark, das gerade der Abrissbirne zum Opfer fällt.
|
|
|
|
|
|
„Das ist hochgradig problematisch“
|
|
|
Christopher Buschow, Experte für digitalen Journalismus, über die Heidelberger Lokalmedienplattform „Unser Heidelberg“ (unser.hd).
|
|
Seit Ende Mai schlägt in Heidelberg eine lokale Medienplattform Wellen. Am 28. März geht der erste Instagram-Post von „unser.hd“ online. Anfangs macht der Account vor allem Gewinnspiele und Straßenumfragen und baut so schnell Reichweite auf. 35.400 Follower*innen sind es derzeit – mehr als beim Mannheimer Morgen. Im Mai kündigt der Moderator an, künftig auch über die Kommunalwahl berichten zu wollen und interviewt in der Folge mehrere Kandidat*innen für den Gemeinderat. Am 7. Juni, zwei Tage vor der Wahl, veröffentlicht die Studierendenzeitung Ruprecht dann eine ausführliche Recherche über die Plattform. Und die hat es in sich.
|
Denn „unser.hd“ ist alles andere als eine unabhängige Medienseite. Hinter dem Instagram-Account, einem WhatsApp-Kanal und der zugehörigen Homepage steht der Verein „Bürgerforum Heidelberg“, der sich laut eigener Auskunft „für lebendige Demokratie, soziale Marktwirtschaft und Weltoffenheit“ einsetzt. Zu den Gründungsmitgliedern gehören die Vorsitzenden der Gemeinderatsfraktionen von CDU, FDP und Die Heidelberger. Bekannt wird das allerdings erst am 31. Mai – rund eine Woche vor der Wahl. Wenige Wochen zuvor waren die Fraktionsvorsitzenden von CDU und Die Heidelberger noch auf „unser.hd“ interviewt worden – ohne auf ihre Doppelrolle hinzuweisen.
|
Diese personellen Verflechtungen sind aber längst nicht alles. Nach wie vor ist zum Beispiel unklar, wer die redaktionelle Verantwortung für „unser.hd“ trägt. Die Plattform selbst spricht von zwei Vorständen des Vereins und zwei externen „Experten“, nennt aber keine Namen. Die Artikel auf der Homepage sind teils von Heidelberg24 übernommen, teils stammen sie von HAAS Publishing, beide gehören zur selben Mediengruppe wie der Mannheimer Morgen. Es geht um Katzenkiller, einen Taylor-Swift-Gottesdienst und den teuren Schutz von Mauereidechsen. Bei Letzterem habe die CDU-Fraktion, so der Text auf der Homepage, „mittlerweile das Heft in die Hand genommen und bei OB Würzner einen Antrag eingereicht“. Der Moderator, der in den Social-Media-Beiträgen stets zu sehen ist, nennt seinen Namen nicht. Fest steht allerdings: Dass Heidelberg in den vergangenen zwei Jahren 32 Millionen Euro an Gewerbesteuereinnahmen verloren hat, wie er in einem Video Anfang Mai behauptet, stimmt nicht.
|
Auf der Homepage schreibt „unser.hd“ man sei parteipolitisch neutral, keine Partei finanziere den Verein oder die Plattform. Auch CDU, FDP und Die Heidelberger geben in Stellungnahmen an, dass kein Geld von den Parteien an „unser.hd“ fließe. Die anderen Parteien aus dem Gemeinderat (mit Ausnahme der AfD) und die Partei Volt, die 2024 zum ersten Mal zu einer Kommunalwahl in Heidelberg antrat, forderten indes, dass das „Bürgerforum“ alle seine Aktivitäten einstellt.
|
Wir haben Christopher Buschow gefragt, was er von dem Fall hält. Buschow leitet das Fachgebiet Digitaler Journalismus an der Hamburg Media School, ist Professor für digitalen Journalismus an der Technischen Universität Hamburg – und beschäftigt sich intensiv mit neu gegründeten Medien. Die Rhein-Neckar-Zeitung hat bislang übrigens keine einzige Zeile über „unser.hd“ veröffentlicht.
|
|
Lokalpolitiker*innen gründen eine Medienplattform, die über die bevorstehenden Wahlen berichtet – und machen ihre Rolle nicht transparent. Ist das noch legitime PR oder ein politischer Skandal?
|
Christopher Buschow: Selbst wenn der Fall rechtlich nicht zu beanstanden sein mag, halte ich ihn unter moralischen und demokratiepolitischen Gesichtspunkten doch für hochgradig problematisch. Besonders bedenklich finde ich, dass nicht von Anfang an transparent war, wer hinter dem Angebot steht. Dass es sich einen journalistischen Anschein gibt, also eine Simulation von (Politik-)Journalismus betreibt. Und dass die Akteure nun offenbar versuchen, den Vorgang zu verschleiern. Dabei hat sich ihr Verein sogar der „lebendigen Demokratie“ verschrieben.
|
Wann wird ein Medium journalistischen Ansprüchen gerecht?
|
Buschow: Transparenz ist zentral. Es sollte eindeutig ersichtlich sein, wer ein Medienangebot gegründet hat, wer es finanziert, wer die Redaktion bildet und welche journalistische Expertise diese Personen besitzen. Eine klare Trennung zwischen den Geldgebern, in diesem Fall dem Verein, und der Redaktion ist notwendig, um die redaktionelle Unabhängigkeit zu gewährleisten. Eine Tendenz in der Berichterstattung besorgt mich bei privaten Medien hingegen nicht. Man denke nur an die überregionale Zeitungslandschaft in Deutschland: Zwischen taz und F.A.Z. existiert ein vielfältiges Meinungsspektrum. Grundsätzlich spricht also nichts dagegen, ein Medium zu gründen, um eine konservative Stimme in der Region zu etablieren. Es muss nur eben klar sein, wer dahinter steht – und ob es sich um Journalismus handelt oder doch vielmehr um PR.
|
Kennst du ähnliche Fälle wie den aus Heidelberg?
|
Buschow: Bisher nicht – was aber nicht heißt, dass „unser.hd“ ein Einzelfall ist. Auf Social Media gibt es ja eine wahnsinnig große Inhaltsvielfalt, auch mit Blick auf das Lokale: Gesponserte Influencer, die sich zu Themen vor Ort äußern. Wirtschaftliche Akteure, die PR für die Region machen. Dazwischen die Accounts von Lokalzeitungen und Kommunen. Wer welche Interessen verfolgt, was PR ist und was Journalismus – das verschwimmt dabei stark. Aus den USA kennen wir außerdem das Phänomen des „Pink-Slime-Journalismus“: Politische Akteure kaufen gezielt sterbende Zeitungsmarken auf, um unter dem Anschein von Journalismus tendenziöse oder falsche Berichterstattung zu verbreiten, vor allem in Swing States. Noch problematischer als Parteien, die Journalismus simulieren, finde ich allerdings, wenn staatliche Akteure das tun. In Dortmund klagt der Verlag der Ruhr-Nachrichten zum Beispiel gegen das städtische Portal dortmund.de, weil es, so der Vorwurf, teilweise wie ein journalistisches Angebot anmutet. Damit verstoße es gegen das Gebot der Staatsferne der Presse. Der Fall liegt gerade beim Bundesverfassungsgericht.
|
Was kann man gegen solche pseudojournalistischen Angebote tun?
|
Buschow: Für Online-Medien, die journalistisch-redaktionell gestaltet sind, sich aber nicht zum Pressekodex bekennen, sind in Deutschland die Landesmedienanstalten zuständig. Wenn ein Medium gegen die journalistische Sorgfaltspflicht verstößt, können sie ein Verfahren einleiten. Mindestens genauso wichtig ist ein starker Lokaljournalismus. Der wird aber leider immer schwächer. Deshalb brauchen wir Investitionen in private Medien vor Ort und in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Auch über eine staatsferne, inhaltsneutrale Förderung durch die öffentliche Hand sollte nachgedacht werden. Die haben wir in vielen europäischen Nachbarländern. Journalismus als gemeinnützigen Zweck anzuerkennen, könnte ebenfalls helfen. Dass guter Lokaljournalismus wirkt, sieht man ja gerade jetzt in Heidelberg: Die Studierendenzeitung hat den Fall recherchiert und klärt auf. Dass die Lokalzeitung vor Ort schweigt, ist hingegen bedauerlich.
|
|
|
U N B E K A N N T E D E S M O N A T S
|
XX Millionen …
|
|
… Euro fehlen aktuell, um den Bau des Forums der deutschen Sprache (FDS) angehen zu können. Das hat die Stadt Mannheim vorletzte Woche verkündet. Wir hätten gerne die tatsächliche Zahl genannt, leider war in der Mitteilung lediglich vage von einem „zweistelligen Millionenbetrag“ die Rede. Und auch auf Nachfrage wollte keiner der Beteiligten – die Stadt Mannheim, die Klaus Tschira Stiftung als Bauherrin und das IDS als künftiger Betreiber – mit Zahlen rausrücken. Weder zu den Mehrkosten noch zu den Gesamtkosten. Stadt und IDS verwiesen auf die Klaus Tschira Stiftung, die wissen ließ, dass es Teil ihrer Philosophie sei, „ grundsätzlich zu ihren Projekten keine Zahlen zu nennen“. Wohlmeinend könnte man vermuten, dass dahinter die Maxime „Tue Gutes und rede nicht darüber“ steckt. Möglich ist aber auch, dass Stiftung, Stadt und IDS kein Futter für Debatten liefern möchten, ob solche Millionensummen in klammen Zeiten nicht an anderer Stelle sinnvoller verwendet werden könnten. Zudem war zu vernehmen, dass sowohl die Stadt als auch das IDS von der Nachricht der Finanzierungslücke ebenfalls kalt erwischt worden seien, da beide bislang keinen Einblick in die Finanzplanung des Projekts gehabt hätten.
|
Befremdlich auch der Zeitpunkt der Mitteilung: Bis Donnerstag vorletzter Woche musste das Einraumhaus, das gemeinsam mit dem ALTER die Fläche am Alten Messplatz bis zum letzten Herbst bespielt hatte, seinen Platz räumen – einen Tag später kam die Nachricht über die Bauverzögerung. „Die Stadt hat mächtig Druck gemacht, dass wir bis Ende Juni das Einraumhaus abgebaut haben, weil ab 1. Juli die Baustelle eingerichtet werden sollte“, berichtet Myriam Holme, die gemeinsam mit Philipp Morlock das Projekt initiiert hat. Zuvor war den Einraumhaus-Macher*innen noch von Seiten der Stadt signalisiert worden, dass sie bis Oktober an dem Standort bleiben könnten. „Wir hatten schon mehrere Ausstellungen geplant, die wir absagen mussten“, erklärt Holme. Grundlos, wie es nun scheint.
|
Auch der Abbau der pinkfarbenen Container des alten ALTER hat nach dem Umzug auf das südliche Ende des Areals inzwischen begonnen. Der neue ALTER, im Mai eröffnet, läuft gut, doch es fehlen Pumptrack, Basketball-Court und viele Tischtennisplatten, die abgebaut werden mussten. Jetzt ist die Fläche, auf der eigentlich die FDS-Baustelle eingerichtet werden sollte, sich selbst überlassen. Voll mit „Müll, Drogendealern, Drogenabhängigen und Kriminellen, die sich dort festgesetzt haben“ sei das Areal nun, berichtet der Verein Pow, der das ALTER betreibt. Dieser Zustand wirke sich auch auf den aktuellen Betrieb des ALTER aus: „Wir von Pow sowie die Besucher*innen von ALTER sind tagtäglich mit den Auswirkungen dieser Untätigkeit bezüglich der mittleren Fläche konfrontiert.“
|
Wie es weitergeht, ist unklar. Das IDS hat schon signalisiert, dass es bereit sei, auf „Flächen, Funktionen oder andere Dinge im Gebäude zu verzichten, um Kosten zu reduzieren“. Ein FDS light sozusagen. Ein anderes Szenario wäre, dass die Stadt einspringt. Als Antwort auf die entsprechende Frage verweist die Stadt auf die Tschira Stiftung. Und das obwohl sie wiederum von der Tschira Stiftung als eine der Parteien genannt wird, die gerade zusammensitzen, um zu beraten, wie es weitergehen könnte. Und schließlich ist hinter vorgehaltener Hand an verschiedenen Stellen zu hören, dass das Projekt ganz gestorben sein könnte. Viel Hin-und-Her also. Was aber auf jeden Fall bleibt, ist eine Fläche, auf der im letzten Sommer noch Sport gemacht, Musik gehört, gefeiert, getanzt und einfach abgehangen wurde und die jetzt wieder wüst und leer ist – und das wird sich wohl so schnell nicht ändern.
|
|
|
Farewell, Friedrichspark!
|
|
|
Eigentlich müsste es unter Denkmalschutz stehen – das Eisstadion am Friedrichspark in Mannheim. Der MERC und später die Adler feierten hier fünf Meisterschaften. Aber auch The Cure, Pet Shop Boys, Led Zeppelin und die Rolling Stones waren zu Gast. 2005 war dann Schluss: Die Adler zogen in die seelenlose SAP-Arena und das Stadion fiel in einen Dornröschenschlaf, aus dem es 2014 wieder erweckt wurde: Die Delta Quads feierten hier ihre Roller-Derby-Spiele – mit jeder Menge Stimmung, Punkrock und billigem Bier. Jetzt wird die gute alte Betonschüssel nach vielen Verzögerungen endgültig abgerissen. Zeit für einen Nachruf des Teams.
|
|
|
Das Eisstadion war unser Zuhause. Hier haben wir im Oktober 2014 unser erstes Roller-Derby-Match bestritten und im Jahr darauf den ersten Sieg gefeiert, damals noch in der 3. Bundesliga. 2017 dann ein absoluter Gänsehaut-Moment: Das Spiel um den Aufstieg in die 2. Bundesliga. Fast 500 Zuschauer*innen waren dabei, als wir quasi in letzter Minute das Spiel gegen die Riot Rollers aus Darmstadt gedreht haben. Und das in einer Atmosphäre irgendwo zwischen Stadion und Punkrock-Konzert.
|
Wir sind uns aber gar nicht so sicher, ob die Zuschauer*innen wirklich alle wegen uns da waren oder doch eher wegen unserer Announcerin Nicky Knox. Mit ihren wechselnden Kostümen – von Arielle bis Hulk war alles dabei – und ihrem unverwechselbaren Humor ging es bei jedem Spiel dann doch um ein bisschen mehr als nur um Sport.
|
|
|
Auf keinen Fall aus dem Friedrichspark wegzudenken ist die Ground Crew, unsere Ultras, die mit ihrem Gesang und dem Schlachtruf „U-F-F-B-A-S-S-E. UFFBASSE!„ einen riesigen Teil der Stimmung ausgemacht haben. Genauso wie Nick, der als DJ für den richtigen Sound bei unseren Spielen gesorgt hat. „Just can’t get enough” als inoffizieller Song der Ground Crew und das traditionelle Abschlusslied „Don’t stop believing” haben an keinem Spieltag gefehlt.
|
Bei unserem letzten Spiel im Friedrichspark 2019 wussten wir noch nicht, dass es das letzte sein sollte. Ab 2020 ging es auch für uns erstmal in eine lange Corona-Zwangspause.
|
Und jetzt, wo das alte Eisstadion abgerissen wird und wir uns ein letztes Mal verabschieden, leben wir uns auch schon seit ein paar Monaten in unserem neuen Zuhause ein: der ISC-Arena auf dem Waldhof. Es wird sicher nicht alles wieder genauso sein wie im Friedrichspark – aber wir freuen uns darauf, noch in diesem Jahr zum ersten Mal seit langem wieder vor unserem Mannheimer Publikum zu spielen.
|
Fotos: Sarah Weik (Abriss); Daniel Heitzmann (Delta Quads)
|
|
|
|
|
Noch mehr Lokaljournalismus!
…gibt es nur mit eurer Hilfe. Kauft unsere Hefte und erzählt anderen von uns. Wer uns darüber hinaus unterstützen möchte, kann uns eine Spende zukommen lassen. Als eingetragener Verein können wir auch Spendenquittungen ausstellen.
|
|
|
|
Entweder mit einer Überweisung
|
DE21 4306 0967 1043 2755 01
|
|
|
|
Wer eine Spendenquittung benötigt, sollte seine Adresse angeben oder eine kurze Mail an info@bloqmagazin.de schreiben.
|
|
|
|
|
|
|
|
|